Spuren an Muscheln und Schnecken

Fallbeispiel Cypraeidae

Cypraeidae, besser als Porzellanschnecken oder Cauri-Schnecken bekannt, haben durch alle Zeiten einen besonderen Wert für den Menschen besessen. Die Familie dieser Meeresbewohner umfasst weltweit mehr als 200 Arten, die in allen tropischen Meeren und im Mittelmeer vorkommen. Vielleicht war es ihr glattes, porzellanartiges, geradezu leuchtendes Gehäuse, was diese Schnecken für die Verwendung als Zahlungsmittel, als Kettenschmuck, als Bekleidungsapplikation oder nur als neuzeitliches Urlaubsmitbringsel besonders auszeichnete. Wohl auch aus diesen Gründen sind die Gehäuse dieser Tierfamilie immer wieder – auch in unerwartetem – archäologischem Befundzusammenhang zu entdecken. In diese Fundstücke wird, vielleicht eben gerade auch aus diesen Beweggründen heraus, hin und wieder eine Funktion hineininterpretiert, die sie in verschiedenen Fällen nicht inne hatten. Im folgenden sei dies anhand von zwei Beispielen verdeutlicht:

Auf einer Ackerfläche Norddeutschlands wurde an einem neolithischen Oberflächen-Fundplatz Mitte der 90er Jahre eine „Säge aus Kalkstein“ gefunden. Die tierartliche Bestimmung ergab, dass es sich hierbei um die eine Hälfte der Mündung einer Porzellanschnecke handelte (Abb. unten, 2).

Zerfallsstufen Cypraea
Cypraeidae. 1. – Cypraea tigris, vollständiges Gehäuse; 2.- Cypraea spec., Mündungsrand, Schleswig-Holstein, Ackerfläche; 3 – Cypraea spec., Mündungsrand, Qatar, Strandfund; 4 – Oben: Cypraea spec. (2x), durchbohrt, Perth, Australien, Handel;4 – unten Cypraea moneta, Taschenapplikation, Kelong, Malaysia, Handel. (Foto Ewersen)

Es ist zu beobachten, dass die Gehäuse dieser Tierfamilie meist in zwei Schritten erodieren und zerfallen. Zunächst kann durch das Verrollen auf dem Weg von der Benthic-Zone über die Littoral- oder Tidal-Zonen bis hin zur Ablagerung am Strand das rückwärtig der Mundöffnung gelegene Gehäuse abgebaut werden. Übrig bleibt ein oval-ringförmiges Gebilde mit der beiderseits gezahnten Mundöffnung. In der nächsten Stufe bricht dann dieser ovale Ring im Bereich des Apex und des Nabels auseinander, so dass zwei „halbmondförmige“, einseitig gezähnte Gehäusehälften zurückbleiben.

Bekleidungsapplikationen
Cypraeidae. 1 – Bekleidungsapplikation, Jebel Al Jassasiya, Qatar; Gehäuse aus historischem Kontext: 1 u. 4 – natürlicher Bruch, Arabische Halbinsel, Siedlungsfunde; 3 – rezentes Gehäuse, Samar, Philippinen, Strandfund. (Foto Ewersen)

Zur Herstellung von Bekleidungsapplikationen ging man (und geht man in einigen Landstrichen noch heute) manuell in der Art und Weise vor, dass man das rückwärtige Gehäuse meist in Längsrichtung der Schnecke herunterschleift. Diesen Schleifvorgang zeigen beispielsweise kantenparallele Riefen auf den Schleifflächen an. Im vorliegenden Fall wurde das Gehäuse bis unter den Spindel-Haltpunkt heruntergeschliffen, so dass diese damit herausbrach. Die so zugerichteten gehäuseovalen Ringe nähte man dann beispielsweise mit der geschliffenen Seite nach unten an die Kleidung. Diese Befestigung am Gewebe hat dann eine Politur auf den Schleifkanten zur Folge, wobei aber meist dennoch die Rechtwinkligkeit der Schleifkante erhalten bleibt. Die natürlichen Kantenbrüche hingegen sind nicht plan heruntergeschliffen und zeigen ausgezackte, unebene Ränder und nur äußerst selten eine ebene rechtwinklige Struktur.

Schleifriefen verrollte Bruchkante
Cypraeidae, 200fach vergrößert. Links Gehäusekante mit Schleifriefen; rechts natürliche, verrollte Bruchkante. (Fotos Ewersen)

Die unmittelbare Analyse der Spuren, also in diesem Fall der Schleif- bzw. Bruchkanten bei 200facher Vergrößerung konnte in diesem Fall schnell Aufschluss über die tatsächlichen Ursachen der Beschädigungen geben. Bruch- wie auch Schleiffläche sind anhand der Oberflächenstruktur der Kanten deutlich voneinander zu unterscheiden. Nur bei einigen Stücken war die Ansprache als „Bekleidungsapplikationen“ haltbar. Derartige Spuren wurden von uns häufig an Mollusken-Material gefunden. Zumeist ließen sie Rückschlüsse auf die Ernährung von Menschen zu.